Review: Pouppée Fabrikk – ‘The Dirt’

pouppee-fabrikk-the-dirtSie wollen es dreckig und Ihr bekommt es schmutzig. Die schwedischen EBM-Hünen Pouppée Fabrikk schreiben mit dem neuen Album The Dirt ihre eigene Geschichte fort. Über 20 Jahre nachdem das damalige Duo seine letzten Body-Nummern in die Welt schrie. Ein derbes Werk mit klarer Botschaft und expliziten Reminiszenzen.

Pouppée Fabrikk – The Dirt

Pouppée Fabrikk erarbeiteten sich Ende der 80er/Anfang der 90er Jahre im Electronic Body Music Genre in recht kurzer Zeit einen Legendenstatus. Das kompromisslose Schaffen von Frontmann Henrik Björkk und Sequenzer-Antreiber Leif Holm forderte die elektronisch orientierte Meute bis zum Äußersten heraus.

Immer eine Nummer härter und derber als die damaligen Vorbilder DAF und Nitzer Ebb. Nach zwei Alben, einigen Maxis und der Compilation Crusader legten die Schweden ab ca. 1994 einen Schwenk Richtung Metal hin. Und der sorgte für Kontroversen, gefolgt von nachlassender Aktivität und Umbesetzungen. Eiszeit, Endzeit?

Elite Electronics ließ Anfang des Jahrtausends in seiner ursprünglichen Machart aufhorchen, wenige Auftritte folgten, dann erneut Pause.

Plötzlich verstärkte Livepräsenz: Bärenstarke und von den Fans gefeierte Auftritte (u.a. beim Bodyfest oder beim Familientreffen 2012) katapultierten die Band in den letzten Jahren zurück in die erwartungsvolle Szene.

Album folgt gefeierten Liveauftritten

Dann endlich die wutschnaubende Rückkehr mit einem neuen Album im vor ruppigen EBM-Releases (Spetsnaz, Container 90, Orange Sector) nur so wimmelnden Frühling 2013.

The Dirt zeigt sich als reinigendes Gewitter, aufgeladen mit kompromisslosem, bedrohlichen Sound – und mit vielen Referenzen an die guten (alten) Tage.

Pouppeé Fabrikk sind unterwegs in einer Mission: Bringt den rauen Spirit zurück in die Szene, sucht die Inspiration, Ihr werdet sie nicht in weichgespülter Anpassung finden – so ihre Herausforderung an die vielen redundanten Düsterclub-Bands mit ihren ausgeleierten Voiceffekten.

Electronic Kropp Music (EKM) mit Leidenschaft

The Dirt knallt bedrohlich, organisch und dennoch mechanisch wie zu besten Pouppée Fabrikk Zeiten. Es ist, als wären sie nie weg gewesen. Die hünenhaften Schweden haben alte, fast verschollene Songs neu aufbereitet und sie mit neuen Adrenalinstößen kombiniert.

Dass zwischen diesen Songs teilweise über 20 Jahre liegen, hört man nicht, Pouppée Fabrikk liefern ein elektronisch-kompaktes Krawallpaket ab. Klar definiert, was sie wollen: EBM. Pur. Mit Attitüde.

Der Titel The Dirt spiegelt die vergleichsweise raue Produktion der klar konstruierten Nummern wider, im Charakter bisweilen sogar etwas krachig-scheppernd. Diese Herangehensweise unterscheidet Pouppée Fabrikk von ihren geschätzten Kollegen wie etwa Spetsnaz oder Autodafeh.

Die hackenden Sequenzen weisen den bandtypischen leicht schrägen Unterton auf. Stil vor Perfektion. Markerschütternd die derben Vocals mit dem fanatischen, mitunter nahezu paranoiden Unterton. Geliebt von den Fans fordern sie das gestiefelte Volk zum wilden Tanz heraus.

Pogogruß aus dem Stahlwerk

So aggressiv der Ansatz, so unterschiedlich die Songs. Bright Light bündelt die elektronische Pogomentalität mit emotionalen Ausrufen, die Stimmung wird immer eindringlicher und mentaler, eine Nummer, die nicht nur pusht, sondern komplett unter die Haut geht.

Stampfendes Futter mit dem beliebten EBM-Thema “Arbeit” kommt nicht zu kurz, natürlich heißt so eine Nummer Stahlwerk. Der muskelbepackte Ausruf wird nicht nur in Fabriken, sondern auch in geeigneten Discos erschallen.

Evader 39, jüngst erstmals live ausgegraben, und die themengebende Vorab-Single Bring Back The Ways Of Old stehen dem Treiben von Stahlwerk in seiner Gradlinigkeit kaum nach.

Eine härtere Version des stimmungsvollen, im Original sehr getragenen Klassikers Death verleiht dem Song einen neuen, dynamischen Akzent. Und doch lugt das Original in seiner Tiefe stets hervor, hier schließt sich der Kreis von damals zu heute.

Dazwischen knetert mit H8 U ein vor allem gesanglich etwas metalmäßig angehauchter, knochentrockener Track aus den Boxen.

Weitere Hinhörer wie The Promulgation und I Am greifen die alte Tradition des Duos auf, mit gemäßigtem Tempo und bewusst monotoner Inszenierung die Songs unermüdlich in die lauschenden Köpfe einzuspeisen. Es ist die perfide Eigendynamik, deren mechanisch-wildes Anlitz den geneigten Körper penetriert.

Symptom, bereits länger bekannt von einem Out Of Line Sampler, haben Pouppée Fabrikk nochmals überarbeitet. Die eh schon turboschnelle Nummer wirkt jetzt noch kompakter. Ein Brecher mit dem gewissen wilden Etwas.

Ein ebenso “dreckiges” wie packendes Comeback

Fazit: Ein starkes Comeback mit einem dreckigen und gewalttätigen Touch: eine radikale Besinnung auf die frühen musikalischen Wurzeln. EKM nennen es Pouppée Fabrikk. Electronic Kropp Music. Kann gut sein, dass einige Menschen etwas Zeit brauchen, um Zugang zu den sperrigen Passagen finden. Das ist schlichtweg Teil der Band.

Musik von der Horde für die Horde. Lieber nicht im Weg stehen – oder noch besser: Play drücken und die Lautstärke auf Anschlag. Die völlig überschminkte, medial eingenordete Discoqueen nebenan wird´s hassen. Gut so.

Wertung: 9 von 10 Punkten (9/10)Klangwelt Musiktipp

The Dirt Release Infos

Interpret: Pouppée Fabrikk
Label: Alfa Matrix
Release:
Stil: EBM

Tracklisting:
1. Bring Back the Ways Of Old 4:18
2. Bright Light 2:54
3. I Am 3:06
4. Invader 39 3:56
5. Death Is Natural 5:27
6. Satans Organism 3:22
7. H8 U 3:23
8. Stahlwerk 3:56
9. The Promulgation 3:04
10. Symptom 2:54
11. Radio Disturbance 3:20



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1 thought on “Review: Pouppée Fabrikk – ‘The Dirt’”

  1. pepperpott sagt:

    Sehr gute Kritik zu einem außerordentlich guten Album!

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