Review: Jihad -‘Live In Bratislava’ (28.02.2015)

Live in Bratislava 2015Am 28.02.2015 gab es in Bratislava eine echte Rarität zu sehen: Der texanische Dark Electro Kultact Jihad gab sich in Person von James Mendez die Ehre und erinnerte daran, wie packend komplexer Dark Electro in klingen kann, wenn er eigene Wege verfolgt. Der Auftritt wurde mitgeschnitten und so liegt Live In Bratislava – Dark EBM Souls nun in guter Qualität vor.

Livealbum aus Bratislava

Obwohl Jihad mit A Prayer In The Night vor ca. 18 Jahren nur ein einziges Album herausbrachten, gelten James Mendez und Rich Mendez bei Kennern komplexer düsterer Klänge als eine echte Legende und als Geheimtipp.

Das liegt einerseits im stimmungsvollen und dunklen Sounddesign begründet, zudem spielt die Geschichte der Formation bzw. ihrer Mitglieder eine gewichtige (historische) Rolle. Ein Rückblick beleuchtet, dass hier echte Pioniere am Werk waren und sind.

Benestrophe als Ausgangspunkt

1988/1989 gründeten Dwayne & Gary Dassing den wegweisenden Act bEnESTroPHe, die so eigen- und einzigartigen Vocals trug Rich Mendez bei.

Zwei Tapes, aufgenommen mit einem 12-Spur-Rekorder, erschienen und beeindruckten durch Qualität und Charakter.

Benestrophe selbst trennten sich dennoch aus vielerlei Gründen wieder recht schnell. Beide Tapes wurden erst viele Jahre später später vom RAS DVA Label als Albumdownload (Auric Fires & Sensory Deprivation) veröffentlicht.

Sie enthalten zahllose Perlen, deren Würdigung bis heute nicht richtig erfolgt ist

Die Brüder Dwayne und Gary Dassing gründeten nach dem Ende von Benestrophe anschließend eine breit bekannte Inkarnation des Dark Electros: Mentallo & The Fixer – sie schrieben Geschichte, setzten Standards.

Auf der anderen Seite spielte Rich Mendez mit seinem Bruder James das einzige Album des Duos Jihad ein, das viele ausladende und dicht inszenierte Soundlandschaften bot, aber eher Kennerkreise vorbehalten blieb.

Komplexen Dark Electro live erleben

Soviel zum Damals: In Bratislava haucht James Mendez im Februar 2015 dem Projekt vor euphorischem Publikum wieder Leben ein. Alleine, denn Rich ist leider nicht mehr dabei.

Das Livealbum betont neben der Erinnerung an das Duo vor allem die Aussage, wie faszinierend Dark Electro auch heutzutage klingen kann.

Nämlich dann, wenn Futurismus und Fremdartigkeit harmonieren, wenn Komplexität und Stimmung abseits von Härte einander ideal ergänzen. Das macht bereits der vergleichsweise rhythmische Opener People Of The Land klar.

Angesiedelt im Midtempo-Bereich oder versehen mit schleppend-vetrackten Rhythmen (Hands That Hide) generieren die angenehmen Basssounds eine verspielte und dezent bedrohliche Atmosphäre, die übrigens auch Raum für schöne Momente bietet.

Harmonie ist hier kein Fremdwort, sie darf bloß nicht zu aufdringlich herüberschallen.

Ausgefeilte Erzählungen auf strukturiert-komplexer Soundbasis

Auffällig der homogenen Charakter vieler Songs und die Selbstverständlichkeit, mit welcher die in sich stimmigen und mit vielen Wendungen ausgestatteten Sequenzen den Hörer auf die Reise (Guardian Angel) mitnehmen.

Hier liegt eine Parallele zu M&TF, die genau diesen Ansatz (allerdings in deutlich härterer Gangart) ebenfalls in Perfektion fabrizierten.

Ein skeptischer Blick auf die Gegenwart zeigt, dass jener Skill nicht all zu vielen Electroprojekten zugänglich ist und den Preset-Club-Clows schon mal gar nicht.

Auf den Soundstrukturen liegt die meist erzählende Ebene, die zukünftige Visionen evoziert und ihr ein unheimliches Flimmern verleiht.

In Titeln wie Looking Glass möchte man sich einfach nur fallen lassen; eingespielte hohe Sounds generieren ein nahezu entrücktes Bild, Vergleiche zu kFactor sind hier sicher nicht fehl am Platz.

Das neue Shades Of Grey verkörpert anschließend das Unheil in ästhetischer Form. Nightmares and dreamscapes, so können sie klingen.

Futuristische Storys

Auch wenn Ersthörern die Vocals oft ungewohnt vorkommen, so sind sie doch die große Stärke des Projekts und knüpfen mitunter an frühe Benestrophe an. Bis auf wenige Momente gliedert sich der Vortrag passend in die Nummern ein.

Die Tonart wirkt fast so, als würde Fremdartiges aus der Ferne des Alls sich bemühen, mittels Technik möglichst menschlich zu klingen. Man versucht, die Perspektive der Erdlinge zu verstehen und metakommuniziert diese gleichzeitig kopfschüttelnd.

Und das wirkt aktueller denn je.

Endangered Species Liveclip

Den furiosen Schlusspunkt setzt das tanzbare und viel umjubelte Endangered Species, DER Klassiker von den wie oben erwähnt so unterschätzten Benestrophe.

Ein 10 von 10 Punkten Song und Tribut, der Science Fiction lebt, hochgradig originell den “Menscheitsfail” erzählt und ganz aktuell all jenen jungen Zockern empfohlen sei, die einen wirklich passenden Soundtrack zu Fallout 4suchen.

Fazit:: Ausgestattet mit einer ordentlichen Tonqualität, welche das Liveerlebnis greifbar macht, bietet der Mitschnitt Live In Bratislava – Dark EBM Souls intensive und sehr stimmungsvolle Dark Electro Klänge, die im furiosen Endangered Species münden. Düstere und komplexe Klänge mit elegantem bis fremd wirkenden Charakter – kopflastig in der Wirkung. Die Titel selbst wurden live eher leicht modifiziert vorgetragen. Das Release erinnert explizit an die Bedeutung des Duos, das nur ein einziges Album herausbrachte.

Wertung: 8.5 von 10 Punkten (8.5/10)

Live In Bratislava Release Infos

Interpret: Jihad
Label: Eigenrelease – erhältlich via Bandcamp
Release: November 2015
Stil: Dark Electro/Komplexer Electro

Tracklisting:
01. People Of The Land
02. Guardian Angel
03. (I Can’t) Let Go
04. Hands That Hide
05. Looking Glass
06. Shades Of Grey
07. Visions
08. Endangered Species (cover – original track by Benestrophe)



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