Konzertbericht vom zweiten ‘Ungehoersam’ Festival in Kassel

ungehoersam_festival_flyerEs war mal wieder Zeit für Ungehoersam. Musikalischen Ungehoersam natürlich. Am 24.09.2011 stand die zweite Runde des kleinen Electronic Body Music Festivals in Kassel an. Jäger 90, Bodystyler und Digital Factor stellten sich dem Publikum.

Ungehoersam II

Der Auftakt im letzten Jahr, an Hitze kaum zu toppen, versprach einen packenden EBM Abend und so begann der Tag mit viel Vorfreude. Dieses Mal im K19 platziert, wurde die Anfahrt aufgrund einer Baustelle in Kassel dann doch zum Geduldsspiel, immerhin kamen wir rechtzeitig an.

Rund 100 EBM Fans hatten sich eingefunden, eine ähnliche Anzahl wie letztes Jahr. Für die hiesige Region ist das tatsächlich ein guter Wert. Wer über 10 Jahre zurückblickt, kann sich selbst bei namenhaften Bands noch an leere Hallen erinnern. Warum auch immer.

Der Blick in die Location zeigte ein passendes Umfeld für direkte Körperklänge. Ein kleiner Club mit großzügigem Raum für die Bands, eine Art industrieller Szenetreff. Stylisch die Bühne, welche als Boxring aufgebaut wurde – sicher nicht unpassend zur Musik. Alle Bands wurden inklusive Gewichtsangabe vom EBM-Ringsprecher angekündigt – ab in den Infight.

Ein passendes “Nummerngirl” präsentierte jeweils die entsprechende musikalische Runde. Es sind die durchdachten Kleinigkeiten, die so ein Festival aufwerten. Gute Idee, witzig umgesetzt.

Die Bands

Runde 1: Bodystyler

Gegen 21h legten Bodystyler los. Ein perfekter Opener mit einfachen und klaren Songstrukturen, es dauerte keine zwei Lieder, bis sich ein Großteil der Gäste bewegte. Das 2008 gegründete Duo kam gut an und hatte sichtlich Lust, zu spielen – Zugaben inklusive.

Konnte man vor einiger Zeit noch skeptisch sein, so zeigten sich Bodystyler überall verbessert. Packende neue Songs, klare Livestimme, viel Interaktion (ein Teil der Gäste fand sich schlussendlich auf der Bühne wieder) – die Jungs machen sich.

Bisher hatte ich sie ausschließlich zwei Mal auf dem Familientreffen gesehen, natürlich mit der recht begrenzten Zeit, welche den Bands am Nachmittag des FT zur Verfügung steht. Beim Ungehoersam konnten sich Bodystyler austoben.

Stark vor allem die deutschsprachigen Stücke (Meine Stadt), gelungen der Einbau neuer Sounds und rhythmischer Varianten.

Um es einfach zu schreiben: Bodystyler machten Spaß und sorgten gleich für nen positiven Start.

Runde 2: Jäger 90

Es folgte der Hauptact. Hauptact? Richtig – man merkte schnell: Die meisten Gäste warteten auf Jäger 90. Die Band ist bekannter geworden, hat ein starkes Label im Rücken und zieht mit ihrem von D.A.F. inspirierten Klang schlichtweg.

Jäger 90 eröffneten mit Tracks des neuen Albums Fleisch Macht Böse: Ein Neuer Tanz und vor allem Ich Schwitze garantierten die besungenen Schweißflecken und gliederten sich nahtlos in die Jäger 90 Klassiker ein.

Körperlicher Betrieb auf und vor der Bühne dann bei den Up-Tempo-Nummern Muskeln, Stiefelblitz, Dessau oder Wir Brauchen Kein Feuer.

Langsame Tracks Marke Wie Du oder das live sehr intensiv wirkende Häuser Abgebrannt lockerten das Set auf. Fast niedlich die ungewöhnliche Szenehymne Beim Ersten Mal Tat´s Nicht Weh.

Für Überraschungen sind Jäger 90 immer gut: Plötzliches und längeres “Xylofon-Spiel” von Sänger Thoralf. Da saß tatsächlich jeder Ton.

Ohne Zugaben konnten die Jäger natürlich nicht davonfliegen. Ein Griff in die Vergangenheit mit Blitze In Deinen Augen, gefolgt vom viel geforderten Achtung Ein Jäger! Ein fulminanter Schluss: Die Halle in Bewegung und zwei Bandmitglieder, die vom Schattenboxen zum länger andauernden Ringen übergingen. Sie landeten irgendwie verknotet zwischen ihren Instrumenten im endlich ramponierten “Ring”. Ein ebenso passender wie ungewöhnlicher Schlussakkord.

Runde 3: Digital Factor

Nach einer Pause waren Digital Factor dran. Die Band kämpfte mit einem recht aufwendigen Aufbau und mittels Visualisierungen um Aufmerksamkeit. Am Engagement lag es ganz sicher nicht, der Sound stimmte auch, aber der Funke wollte nicht so richtig überspringen.

Zu stark der Kontrast zum energetischen Auftritt von Jäger 90, auch wenn die starke Dopamin Single ihr Gift durchaus versprühen konnte.

Ab und an fragte man sich: Wofür, für welchen Klang oder welche Idee steht die Band? In der heutigen Zeit haben es Gruppen mit einer klaren Ausrichtung vermutlich leichter beim Publikum. Digital Factor vereinen mittlerweile viele Einflüsse. So besteht immer die Gefahr, statt variantenreich eher beliebig zu klingen. Durchaus schade, wenn man an Knaller wie Mindbooster oder das clubbige Follow Me zurückdenkt.

Als zweite Band des Events vor Jäger 90 wären sie wohl besser gefahren. Sei´s drum – Digital Factor werden es überstehen.

Fazit

Das zweite Ungehoersam Festival hat sich wahrlich gelohnt. Nicht nur Jäger 90 und Bodystyler rissen mit, auch das Drumherum passte einfach. Es war ein Treffen mit Freunden und Bekannten, neue Gesichter zeigten sich ebenfalls und – das muss man betonen – das Ungehoersam Team sorgte für absolut faire Preise bei Eintritt und Getränken. Keine Selbstverständlichkeit.

Ideen für den dritten Part des Festivals schwirren bereits herum, eventuell entsteht in Kassel damit ja eine kleine, aber feine Tradition elektronischer Körpermusik? Die Stadt könnte es gebrauchen.

Ungehoersam Links

zur Ungehoersam Facebookseite
zur Bodystyler Facebookseite
zur Jäger 90 Facebookseite
zur Digital Factor Facebookseite



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