Review: Die Krupps – ‘V – Metal Machine Music’

Die Krupps: V -Metal Machine Music Cover

Die Krupps: V -Metal Machine Music CoverEs röhrt, dröhnt und kracht auf dem neuen Die Krupps Album V – Metal Machine Music. Endlich wieder. Oder schon wieder? Die Krupps pflügen eines ihrer selbst erschaffene Felder um und fühlen sich offensichtlich pudelwohl in ihrem Rockacker. Dann auf ins akustische Umgraben, wer weiß, was zu finden ist!?

Die Krupps: V – Metal Machine Music

Respect first: Na, das ist doch mal ein Jubiläum – seit 35 Jahren besteht die Formation um die Powerkombi Engler/Dörper mit kleineren Pausen und Umbesetzungen bereits.

Nach so langer Zeit ist es nicht selbstverständlich, nochmals richtig den Vorwärtsdrang auszuleben – und genau das tut die Formation auf dem 2015er Werk V – Metal Machine Music.

Die Stahlwerkmusiker haben schon so viel geleistet: Man hat die EBM in den 80ern maßgeblich angekurbelt und darauf folgend das ganze Crossover-Ding der 90er neben Bands wie Ministry, den Nine Inch Nails oder den Revolting Cocks mal so richtig initiiert – um nicht zu sagen: erfunden.

Sie sind Vorbild und Kult gleichermaßen, verloren sich allerdings Mitte/Ende der 90er zu sehr in ihrer (ohne Zweifel authentischen) Metal-Vorliebe. Denn was auf I und II so neuartig und perfekt gelang, das verschwand anschließend in einem unnötigen Kniefall vor der Metalszene. Immerhin hat selbige ordentlich Alben gekauft.

Längerer Entwicklungsprozess vor den Comeback-Alben

Dennoch war die Band trotz dieser kontrovers bewerteten Phase nie wirklich weg vom Fenster. Die Krupps agierten vor allem live nach wie vor wie ein “Draw”, die Band gelangte im Laufe der 2000er tendenziell wieder besser ins Gleichgewicht zwischen Gitarrenattacke und Elektronikwucht.

Erneute Kooperationen mit NEP, frische Songs und die extrem gelungene Aufbereitung ihres älteren Materials zeigten dies deutlich. Der elektronische und durch alle Clubs hallende Szenehit Der Amboss verdichtet diesen Prozess, machte ihn für alle hör- und spürbar.

Das erste Comebackalbum The Machinists Of Joy holte derweil die alten EBM-Fans an Bord und wartete mit Sequenzen auf, die man doch schmerzlich vermisst hatte. Ein gutes Werk, dem nun eine erneute Kehrtwende folgt, denn V – Metal Machine Music setzt doch spürbar auf die Metalschiene.

Und schon keimt ein bisschen der Zweifel auf, ob Die Krupps nicht doch an H. Simpson erinnern, welcher es einfach nicht lassen kann, auf seine heiße Herdplatte zu fassen.

“Erfrischter” Industrial Metal 2015

Halt! Diese blasphemische Frage wird dem erwartungsgemäß extrem druckvoll produzierten Album glücklicherweise nicht so wirklich gerecht, denn Die Krupps zimmern im Jahre 2015 eine zeitgemäße, aktualisierte Version ihres 90er Jahre Crossover-Ansatzes zusammen, umschiffen aber einige Klippen jener Zeit gekonnt.

So stellen die Vocals Englers dieses mal keine Metallica-Kopie dar, sondern zeigen sein Profil. Hey, hier spielen Die Krupps – meist mit viel mit Gitarren, ein bisschen mit den Synths und in den besten Momenten mit ihren bekannten Songwriter-Qualitäten.

So weit, so gut – was folgt, das kann man durchaus als belebende Heiss-Kalt-Dusche beschreiben.

Schon der symphonische Opener Die Verdammten betont den epochal inszenierten Rockcharakter des Werks. Allerdings sorgt dann Kaltes Herz erst mal für Ernüchterung: Der wohl schwächste neue Track erinnert an den ganzen übernudelten NDH-Kram und seit wann laufen Die Krupps eigentlich sowas hinterher?

OK, zweiter Anlauf: Da macht die Single Battle Extrem schon mehr Spaß und Sinn, zeigt aber zudem, dass eine im Vorfeld diskutierte 50/50-Mischung aus Elektronik und Gitarreneinsatz eher Wunschcharakter hatte.

Schön geshoutet der Refrain, die Nummer könnte wie seinerzeit Ministry vielen Kurz- und Langhaarträgern ein gemeinsames Sounderlebnis verschaffen. Diese Art des Crossovers ist nun sicher nicht mehr neu (der Begriff Innovation entfällt somit), dazu wurde dieser Stil in den 90s zu sehr gehypt.

Aber das Ding selbst kommt dröhnend auf den Punkt und vermittelt die aktuelle Krupps-Power ohne Reibungsverlust. Weil viele Crossover-Bands der Vergangenheit einfach verschwunden sind, wirkt ein derartiger Ausbruch einfach frisch und bläst die Ohren frei.

Elektronische Reduktion, aber kein Verzicht

Was V – Metal Maschine Music explizit besser macht als etwa die Alben Odyssey Of The Mind (trotz der Positivausreißer Isolation & Metalmorphosis) oder Paradise Now ist die Tatsache, dass die elektronischen Wurzeln zwar in den Hintergrund treten, aber eben nicht komplett suspendiert worden sind.

Stampfend, treibend und brodelnd unterlegen die “Kruppschen” Synthies und Drums den Drang nach vorne, der energische, sehr rhythmische Stimmeinsatz wird um passende Samples erweitert (Fly Martyrs Fly).

In der bisweilen dominierenden Form passt das offensive Gitarrenspiel durchaus, sodass der eigene Kopf unweigerlich mitgeht (The Vampire Strikes Back, Branded, Bounded By Blood).

So klingen dynamische Stampfer für im Saft stehende Gitarrenmaschinisten; mal schnell und wuchtig, dann wieder brummelnd und schleppend (The Truth.)

By the way: Die Krupps sind immer für eine kleine melodische Wendung gut, das darf bei dem krawalligen Ansatz nicht untergehen.

Nicht nur die Metalfraktion sollte im Albumverlauf beim trashigen Kaos Reigns die Ohren aufspannen, denn eben diesem Track verleiht der zackige Sprechgesang Englers eine ganz eigene, erzählend-souveräne Note – die aggressive Nummer entzieht sich somit flugs den gängigen Hörschemata.

Explizite Highlights …

Einige Songs perfektionieren das Zusammenspiel der unterschiedlichen Soundelemente im Verlauf dann doch: Das wilde Road Rage Warrior packt Dich ohne Nachfrage ein, es provoziert den stets schlummernden Rotzlöffel im Menschen. Wild, punkig und hektisch in der Schrittfrequenz, das macht richtig Laune.

Mit Alive In A Glass Cage und The Red Line lauern dann die griffigsten Songideen und Melodien auf die Hörer, sie erinnern wohlig an die Phase Anfang der 90er Jahre und stehen dieser in Sachen Qualität auch nicht nach.

… mit einer idealen Soundfusion

Sollte es das ideale Zusammenspiel von Electro und ruppiger Gitarre geben, dann ist die Band hier nahe dran. Ganz starke Momente, in denen Idee, Songstruktur und Inszenierung zu einem sympathischen Bastard fusionieren.

Ist es Zufall oder können Die Krupps ihre differenziertesten Songideen dann ausleben, wenn sie nicht zu sehr auf die Gitarren achten oder selbiger folgen (müssen)? Eine noch offene Frage.

Ambivalenz inbegriffen

Das war´s? Nicht ganz, denn eine Backpfeife bekommt man gratis zum Schluss. Die neue Version von Volle Kraft Voraus nimmt dem legendären Titel wirklich all seine Qualitäten, das Gitarrenspiel wirkt hier leider einfach stumpf drüber gebügelt, suckt endlos und man landet in einer Art unerwartetem “Dumpffeeling”.

Da ist sie dann doch, die “Homersche” Herdplatte – “Autsch”. Sei´s drum, vielleicht ist es nur ne Mahnung.

Fazit: Die Krupps rocken (wieder). Meist gekonnt und in den besten, weil musikalisch ausgewogensten Momenten echt zupackend und mitreißend. Expliziten Hits stehen einige Fragezeichen gegenüber, die zeitweilige Ambivalenz mit sich bringen. Es ist letztendlich natürlich eine Frage der eigenen Orientierung, wie erfolgreich der Zugang zum neuen Album gelingt. Handwerklich gibt es erwartungsgemäß keine Kritik. Prognose: Kommerziell erfolgreich wird V – Metal Machine Music vermutlich werden, denn die anvisierte Zielgruppe ist doch enorm groß, die Auseinandersetzung führt dann jeder für sich – und die kann durchaus Spaß machen.

Wertung: 7 von 10 Punkten (7/10)

V – Metal Machine Music Release Infos

Interpret: Die Krupps
Label: Oblivion (SPV)
Release: 28.08.2015
Stil: Industrial Metal

Tracklisting:

  1. Die Verdammten (Prelude)
  2. Kaltes Herz
  3. Battle Extreme
  4. Fly Martyrs Fly
  5. The Truth
  6. Road Rage Warrior
  7. Vamire Strikes Back
  8. Alive In A Glass Cage
  9. Branded
  10. Kaos Reigns
  11. The Red Line
  12. Bonded By Blood
  13. Volle Kraft Voraus

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