Interview: Eli van Vegas – Combat Company im Konflikt und vor neuer Perspektive

Combat Company Frontmann Eli van Vegas im InterviewFast 10 Jahre schrauben Combat Company bereits an ihrer Musik und wer die Band ein bisschen kennt, weiß um den immensen Einsatz für ihre Vision gutem Klangs. Engagement und Leidenschaft, das führt mitunter zu Konflikt und Spannungen. Eli van Vegas gibt im Interview sehr genaue und vor allem ehrliche Einblicke ins Bandleben, spricht über kleine Erfolge, über die Fastauflösung und über Änderungen in der Besetzung. Combat Company richten sich neu aus, Zeit für konkrete Nachfragen.

Eli van Vegas im Interview

So oft kommt es nicht vor, einen schonungslosen Einblick in die Prozesse einer Band zu erhalten, welcher die schönen Seiten ebenso benennt wie schwelende Streitherde.

Combat Company sind fast eine Dekade am Start und dennoch ist ihre Geschichte noch nicht erzählt.

Mehr noch: Die Zukunft erscheint offen, Krise und Chance – alles in einem: Frontmann Eli van Vegas äußert sich ausführlich zur derzeitigen Bandsituation, zur Geschichte und zu möglichen Perspektiven.

Im Folgenden besteht die Möglichkeit, sich die Antworten als Video anzuschauen und/oder die Aussagen nachzulesen.

Videoantworten

Das Interview 2015

KW: Combat Company ist bekanntermaßen ein Projekt mit Leidenschaft, das spürt man (nicht nur) bei den Liveauftritten. Viel Engagement bedeutet natürlich Emotion und mitunter Konflikt, man hört von Änderungen in der Band – was ist passiert wie kam es dazu?

ELI: Ja, du hast Recht, Combat Company ist eine eher persönliche Sache. Zumindest für mich, da ich zunehmend viele sehr private Themen aufgegriffen habe, um daraus Texte zu schöpfen. Ich möchte die persönlichen Differenzen hier auch ungerne im genauen Detail ausbreiten, das geht nur uns etwas an. Aber ein paar Erläuterungen sind wir den Leuten wohl schuldig. Also versuche ich, mich kurz zu fassen. Im Grunde genommen gab es den Konflikt, sofern man das nun so nennen kann, schon seit Anbeginn der Band. Homer und ich haben uns einst zwar gefunden, sind aber wie Schwarz und Weiß, die absoluten Gegensätze von Charakteren. Monochromaniac hat damit übrigens nichts zu tun, das war eine andere Geschichte. Nun war es so, dass ich vor allem anfangs große Probleme hatte, mit meiner Kreativität und meinem Wissen umzugehen und er mir durch seine eher weniger freiheitlichen Art viel Druck gemacht hat, was durchaus sinnvoll war. Nach den ersten experimentellen Jahren, man möge es als erste Selbstfindungsphase betiteln, mussten wir eine Mission aufstellen und den Sound dazu entwickeln. Ab diesem Zeitpunkt standen wir uns in unseren Meinungen immer wieder gegenüber. Möglicherweise war ich immer noch viel zu offen für analoge Sounds und dementsprechende Entwicklungsphasen und Homer wollte sich eher auf die Methoden berufen, die wir zuvor entwickelt haben. Beides mag irgendwie richtig sein, aber bei zwei entscheidenden Personen wird dies zum Machtspiel.

Dies war auch der Zeitpunkt, dass wir unsere ursprüngliche Idee das erste Mal halbwegs umsetzen konnten: Electronic Body Music mit eigenen Ansätzen zu interpretieren. In dieser zweiten Phase hatten wir enormes Glück, dass wir von Electric Tremor aus Dessau entdeckt wurden und aus dem kleinen Boom heraus kurzerhand auf dem WGT, dem Familientreffen und im BeatClub spielen konnten. Genau hierfür waren wir zu dem Zeitpunkt noch nicht bereit, sowohl vom Können her als auch menschlich. Ich würde sogar vermuten, dass hier eine Sollbruchstelle vor uns lag, die geschickt mit guten Konzertangeboten überdeckt wurde. Und danach kam nichts. Ich denke, wir haben unsere Chancen vertan, an den Aufschwung anzuknüpfen.

Ab dieser Phase bin ich persönlich tiefer in die EBM-Szene eingestiegen und regelmäßig zu Veranstaltungen gefahren, oft sogar als reiner Besucher, habe viele Freunde gewonnen und hunderte unvergessliche Momente erlebt. Das ist bei den EBMern ja nicht so einfach, die halten sich ja aufgrund der Historie gerne fern von modernen Ansätzen und sind trotz aller Weltoffenheit zunächst vorsichtig. Andererseits hat sich Homer nirgends blicken lassen, außer, wir haben ein Konzert gespielt oder ihn beinahe zwanghaft mitgenommen. So haben wir uns stärker entfremdet, denn ich sehe mich als Teil der EBM-Familie und bin stolz, in dieser Bestand zu haben. Man kann dies aber nur sein, wenn man auch bereitwillig gibt und sich mal zeigt.

In 2012 gab es dann eine erste große Krise, die wir nach ein paar Monaten Pause mit der Hinzunahme von Marcel gut in den Griff bekommen haben. Zuerst war er als Livedrummer angedacht, inzwischen wurde er für mich aber zum regulären Bestandteil und wichtigen Faktor für die Band. Marcels Einstieg gab vor allem mir einen richtigen Kick, wieder Songs zu schreiben und kurzerhand war das nächste Album fertig. Danach kam aber wieder nichts. Von unterschiedlichem Investitionsverhalten mal ganz abgesehen, ob sozial, in Fleiß oder rein finanziell. Unterm Strich ist nun wohl die Luft in der Gruppendynamik raus und es war die Zeit gekommen, den Problemen mal realistisch in die Augen zu schauen.

Nun habe ich diese Selbstkritik der Band schriftlich an beide in einem Gruppenchat sorgfältig und gut durchdacht auf den Tisch gelegt, bewusst schriftlich, so dass jeder einzeln die Ruhe dafür hat. Man muss dazu sagen, dass es zudem auch um Nebenprojekte ging, die mir in den ganzen Jahren immer ausgeredet wurden, Homer nun aber ein eigenes Nebenprojekt hat. Man sollte sich als Freunde in diesem Punkt unterstützen und nicht hinterm Rücken unfair hetzen, abgesehen davon, dass ich in einer Band die Freundschaft als wertvollsten Faktor empfinde. Als dann persönliche Differenzen auftauchten und ich diese angeprangert habe, hat Homer das Handtuch geschmissen. Zudem sind dort Dinge im Spiel, die es mir kaum mehr ermöglichen, ihm direkt ins Gesicht zu schauen, ohne objektiv zu bleiben. Jetzt stehen wir sicherlich mit zwei gegensätzlichen Meinungen da, ich möchte die Band eigentlich nicht aufgeben, sehe aber keine Chance in einer weiteren Zusammenarbeit und Homer sieht mit seinem Ausstieg die Auflösung der Band. Das Ergebnis ist also noch offen. So kurzum ist das eine gute Zusammenfassung der Geschehnisse, Dreckwäsche möchte ich hier definitiv nicht loswerden.

KW: Was bedeutet das für die Zukunft der Band – Krise, Chance oder einfach neuer Freiraum?

ELI: Sofern wir als Combat Company eine Zukunft haben sollten, dann in einem vollkommen neuen Gewand. Die bisherige Kernidentität war auf langfristige Sicht gesehen zum Scheitern verurteilt. Eine Krise haben wir ja bereits und Marcel und ich stehen nun in engen Gesprächen miteinander, wie und ob wir überhaupt die Zukunft der Band sehen. Ich persönlich sehe in dieser Not die Chance, endlich die Sounds zu machen, die ich immer machen wollte, kompromisslos mit aller Geduld und allem Spaß, den man darin erwarten kann. Von Freiraum kann ich auch schon sprechen, denn nach monatelanger Kreativkrise ging bei mir sofort ein Feuerwerk los, als wäre mir ein wahnsinnig riesiger Stein vom Herzen gefallen. Und in meinem Berufsleben bin ich ja Kommunikationsdesigner und kenne Kreativlöcher eigentlich weniger. So bedrückend war die Problematik wohl für mich. Aber man muss das auch mal wieder realistisch sehen. Da mir die Rechte am Namen, an den Texten und an den Sequenzen gehören, wäre es eigentlich nur logisch, die Band nicht aufzugeben. Nur der menschliche Faktor ist noch abzuklären. Immerhin sind wir auch direkt mit der Band eng verbunden, so haben wir Inhalte und Symbole sogar tätowiert. Aber ich denke, das kann dann auch einfach für die gute Zeit so stehen bleiben.

KW: Gibt es eigentlich konkrete Ziele, die Du unbedingt erreichen möchtest? Der Auftritt auf einem größeren Szenefestival, mehr Reichweite …

ELI: Ich meine, ja, einerseits wollte ich immer, dass das eigene Werk verstanden und als wertvoll betrachtet wird. Da sehe ich mich eher als Missionar, der weiß, welche Machtstellung die Musik für manche Menschen hat. Sie kann viele Gesichter haben: spaßig, lustig, ironisch, satirisch, ernst, traurig. Und noch viele mehr, aber alle Adjektive haben für mich eine Gemeinsamkeit, sie helfen Menschen zum richtigen Zeitpunkt. Dies sollte meine Musik immer können und daran arbeite ich weiter. Andererseits wünscht man sich natürlich, mal wieder auf den etwas größeren Bühnen zu stehen. Das WGT war schon eine riesige Erfahrung, die ich niemals erwartet hätte. Kurzfristig versuche ich, meine Nebenprojekte und möglicherweise dann auch Combat Company auf den mittleren Bühnen wieder gebucht zu bekommen. Das Familientreffen steht zum Beispiel seit langem wieder in meinem Fokus.

KW: Zwei Livedrummer zählten bis dato zu den Trademarks von CC, ist das endgültig Vergangenheit oder ist bei den zukünftige Konzerten ein weiteres Livemitglied angedacht?

ELI: Da müssen wir wohl umdenken zunächst. Wir wissen zwar nicht genau, was die Zukunft bringt, aber wenn mich jetzt ein Veranstalter eines ernstzunehmenden Events fragen würde, könnte ich mir vorstellen, vorerst mit einem Schlagzeuger zu spielen, möglicherweise auch in Zukunft. Möglicherweise könnte ich mir vorstellen, andere Musiker auszuprobieren, aber das ist alles zweitrangig und eine Sache, die sich zeigen wird.

KW: Wo wir gerade beim Livethema sind: Beim EBM Stomp in Kassel seit ihr ja so gut wie immer mit abwechslungsreichen Sets am Start, wo sieht man Euch demnächst sonst noch?

ELI: Alle bisherigen Bookings für 2015 haben Marcel und ich entweder abgesagt oder ersatzweise mit unserem Nebenprojekt Zweite Jugend versorgt. Das sind nicht einmal mehr viele – lediglich zwei Konzerte, die wir überhaupt dieses Jahr fest spielen werden. Aber wie gesagt, eben mit einem Nebenprojekt und nicht direkt mit Combat Company. Da die Arbeit am Projekt auch noch sehr frisch ist, haben wir für die erste Show eine reine Covershow erarbeitet, die wir zum Glück schnell umsetzen konnten. Schließlich haben wir im vergangenen Jahr bereits mit Combat Company eine solche Covershow gespielt. Wir sehen Zweite Jugend zwar nicht als Coverband, aber wir wollen die Leute auch nicht ersatzlos stehen lassen und so war dieser Schritt für uns sinnvoll. Wir haben die Coversongs aber auch neu aufgebaut mit neuen Sounds und so. In Zukunft gibt es mit Zweite Jugend also eigene Songs und eigene Veröffentlichungen. Was mit Combat Company genau passieren wird, vor allem bühnenmäßig, klären wir im Laufe der nächsten Wochen und Monate. Und eigentlich wollten wir weder den Namen noch das Projekt selbst so früh veröffentlichen, aber durch dieses Interview sehe ich mich kurzerhand im Zugzwang und vielleicht ist die Zeit reif dafür. Immerhin spielen wir am 21. November das erste Mal regulär im Movie in Bielefeld – bis dahin ist es ja auch nicht mehr so lange und wir müssen die eigenen Songs bis dahin ausgereift wissen.

KW: …bald naht das Zehnjährige, was ist von Euch anlässlich dieses Jubiläums zu erwarten?

ELI: Das Mindeste, das wir den Leuten schuldig sind, ist eine für einen zehnjährigen Geburtstag übliche Best-of-Scheibe. Das würde ich trotz aller Umstände umsetzen wollen, wenn auch alleine mit Marcel zusammen. Ob dies dann ein Abschied wird oder ein Neustart, sehen wir bis dahin. Auf jeden Fall kribbelt es in den Fingern, vor allem die älteren Songs mit neuem Wissensstand neu zu produzieren. Man lernt ja nie aus und heute habe ich viel bessere Möglichkeiten, vom Equipment mal abgesehen. Das könnte man gut zum Jahresstart 2016 machen und vielleicht auch ein Geburtstagskonzert, das aber genau so wie die weitere Zukunft in den Sternen steht.

KW: Du und Marcel seid ja durchaus als umtriebig zu bezeichnen – Marcel ist ja mit Hätzer und als Drummer von Jäger 90 aktiv, von Dir steht auch etwas Neues an?

ELI: Also als umtriebig wurde ich bislang noch nicht bezeichnet, aber das trifft es wohl am allermeisten. Und auch Marcel macht sich richtig gut. Das ist eigentlich eine eher zufällige Geschichte, denn Thoralf meinte letztes Jahr in Kassel eher beiläufig, dass er sich einen analogen Schlagzeuger wie eben Marcel sehr gut bei Hätzer vorstellen könne. Kurz beide zusammengeführt, spielten die beiden bereits im Januar ein erstes Konzert mit Hätzer und wer hätte gedacht, dass Marcel kurzerhand bei Jäger90 zunächst ersatzweise einspringen würde? Was daraus noch genau wird, weiß ich persönlich nicht. Was werden könnte, ist mir aber spätestens seit dem diesjährigen WGT klar: Marcel ist eine enorme Bereicherung für jede Band. Ich bin richtig stolz auf ihn und hoffe, ihn darin unterstützen zu können. Und ich denke, dass wir beide auch zusammen noch eine Menge Musik machen und schreiben werden. Darauf freue ich mich beinahe maßlos.

Über Zweite Jugend habe ich ja bereits gesprochen. Marcel und ich hatten schon vor etwa zwei Jahren die Idee, eine etwas rohere Form von elektronischer Musik zu machen. Seine Freundin Jojo gab wie aus dem Nichts kommend, noch vollkommen im Schwung des Familientreffens den Namen dafür. Hierfür bin ich ihr dankbar und ich stehe bei ihr sicherlich in lebenslänglicher Pfeffischuld. Nun kann Marcel auch noch seine emotionalen Motivationsschübe, die er bei Jäger90 und Hätzer bekommt, einbeziehen. Ich denke, spätestens zu 2016 könnten wir möglicherweise eine erste Veröffentlichung haben.

Darüber hinaus arbeite ich seit gut 1,5 Jahren an trafo21. Dies sollte ursprünglich meine kleine Nebenvorliebe für belgische EBM verarbeiten – immerhin bin ich großer Fan von The Klinik oder Absolute Body Control – und durch und durch analog und avantgardistisch sein, quasi als ein Gegenpol zu Combat Company. Im Laufe der Zeit habe ich niemand geringeres als Bert Fleißig hinzugewonnen, mit dem ich gerade die Produktion aus dem bisherigen Material angefangen habe. Aber wir wollen uns auch die Zeit lassen, die ein solches Projekt braucht, wenn ich auch in der Vorproduktion bereits mehr als genügend Material angesammelt habe. Bert ist noch viel kritischer als ich selbst, so dass wir im Laufe des Jahres an den Songs weiter feilen wollen. Ob und wie er seine Rolle in dem Projekt finden wird, ist auch noch etwas unklar, ich bin da wohl etwas schneller. Aber er ist viel erfahrener, was genau diesem Projekt sehr gut bekommt und ich sollte als Jüngling mal auf den erfahrenen Mann hören. Ein paar erste Snippets beziehungsweise Demos aus der Vorproduktion gibt es in Kürze aber bereits. Einen instrumentalen Song habe ich ja auch schon im letzten Jahr veröffentlicht. Wenn wir auch weniger darauf achten wollen, so kann ich doch nicht aus meiner Haut des Kommunikationsdesigners und setze gerne mal ein wenig primäre Marktforschung ein, um zu wissen, dass man nicht ins vollkommen Leere arbeitet.

Abschließend möchte ich aber nochmal auf das Kernthema zu sprechen kommen. Ich bin Homer sehr dankbar für viele Jahre und auch einige sehr wertvolle Erfahrungen, die ich ohne ihn nicht hätte machen können oder eben nur erschwert. Und schlussendlich wünsche ich ihm trotz allem auch jeden erdenklichen Erfolg mit seinen musikalischen Projekten und nicht zu vergessen: Man sieht sich immer zwei Mal im Leben.

KW: Vielen Dank für die wirklich sehr detaillierten Antworten!

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