Das Familientreffen 8 lockte 2012 erneut viele überzeugte Electronic Body Music Fans aus weiten Teilen Europas nach Sandersleben. Das 2012er Familientreffen setzte mit der wuchtigen Mischung aus EBM Ikonen und Newcomern ein Ausrufezeichen. Eindrücke und Bilder eines runden Wochenendes.
Familientreffen 8
Sogar das Wetter spielte mit, das vorweg. Es war der passende Rahmen zu dem Electronic Body Music Festival schlechthin, das dem ersten Eindruck nach so gut besucht wie selten war.
Viel Leidenschaft von Bands und Publikum sorgen jedes Jahr für ein Erlebnis der besonderen Art. Ein großes Lob an die Organisatoren, die dieses Mal zudem den Zeitplan konsequent einhielten.
Die Freiwillige Feuerwehr Sandersleben garantierte die reibungslose Versorgung, die Preise waren gewohnt fair. Viel Austausch mit Freunden und Bekannten runden das Familientreffen jedes Jahr ab.
Der Dank für das Bereitstellen der Bilder geht an © Entrapped.
Fußballteam EBM United erlangt Heldenstatus
Fast sensationell das 3:3 der EBM United Auswahl gegen Traktor Sanderleben beim traditionellen Kräftemessen mit der Lederkugel am Samstag Mittag. Da lachte das Kämpferherz, als der zwischenzeitliche 1:3-Rückstand aufgeholt wurde.
Kurios das anschließende Elfmeterschießen, wer hat das eigentlich gewonnen? Wir rätselten anschließend alle.
Ist auch nicht so wichtig, denn hier zählt – und das macht das Familientreffen so einzigartig – die Idee und der Spirit.
Kornlauf
Den legendären Kornlauf konnte vorher kurzzeitig einsetzender Regen nicht stoppen. Die Kostüme wie immer eine Augenweide und einige Teams werden zugeben müssen, dass sie trainiert haben. Die Läufer entwickelten ein ungeahntes Tempo, Respekt!
Kornlauf Schnappschüsse
Electronic Body Music – pur, roh und gut
Das Line-up, gespickt mit Hochkarätern und starken Newcomern, zeigte sich so hochwertig und homogen besetzt wie selten. Das Familientreffen ist eben (auch) das Festival zum Durchstarten für junge, vitale EBM Acts.
Die Bands im Überblick:
POUPPÉE FABRIKK (SE)
VOLVO242 (SE)
THE INVINCIBLE SPIRIT (DE)
SPARK! (SE)
BRIGADE WERTHER (DE)
GAYTRON (DE)
PSYCHE (CA)
RUMMELSNUFF (DE)
AMNISTIA vs. NEUKAMPF (DE)
AD:KEY (DE)
RESTRICTED AREA (SE)
DARKMEN (BE)
SCHRAMM (DE)
HUMAN STEEL (PL)
KARBU38 (FR)
THE JUGGERNAUTS (BE)
MUSCLES ON THE MOVE (AT)
Familientreffen 8 – der Freitag
Karbu 38 läuteten den Freitag des Familientreffens ein. Zwei perfekt harmonierende, aggressive Shouter sorgten gleich für Bewegung vor der Bühne und einen passenden kantigen Auftakt. Sicher eine noch eher unbekannte Band, das muss aber keinesfalls so bleiben.
Überzeugend die unbändige Wut der Franzosen, die zudem einen Titel auf italienisch vortrugen.
EBM Pärchen Ad:keY und die Schweden Restricted Area zogen schnell nach. Tanzbare Electronic Body Music, die eine satte Zahl der Festivalgäste bewegte; die Grundstimmung zeigte sich sehr früh locker und ausgelassen.
Neben ihren bekannten Nummern wie Elitär, Lass Mich Los oder Tanzflächenhooligans präsentierten Ad:keY zudem neues Material.
Restricted Area betonten auf dem FT VIII die härtere Seite ihres breit aufgestellten Soundspektrums, in einigen Momenten etwas an Spetsnaz erinnernd.
Sie beendeten den zum Stompen einladenden und stimmlich präzise vorgetragenen Auftritt mit dem kleinen Hit Weapon (Video hier) und einer Wasserdusche.
Brigade Werther stürmten als nächstes im Front 242 Gedächtnis-Outfit auf die Bühne. Soundmäßig vielfältig, bewegten sie sich zwischen moderaten, mehrschichtigen Passagen und klassischen EBM Referenzen.
Killbeat, der bekannteste und sehr Front 242 geprägte Song, markierte den Höhepunkt des Gigs. Eine echte Rarität, schließlich waren Brigade Werther 18 Jahre lang nicht mehr live unterwegs.
Nebenbei erinnerte die aus dem Zoth Ommog Umfeld stammende Band daran, dass Frankfurt/Main lange das Zentrum der deutschen Electronic Body Music stellte. Stichwort: Dorian Gray.
FT 8 Bilder: Ad:keY – Brigade Werther – Karbu 38 – Restricted Area
The Invincible Spirit
Mit The Invincible Spirit stand beim Familientreffen dann ein echtes EBM/Wave Urgestein auf der Bühne.
Thomas Lüdke, immer noch gut in Schuss, reduzierte seinen Auftritt nicht auf den Hit Push, welcher gegen Ende des mitreißenden Auftritts in einer knackigen Version die Stimmung krönte.
Elektronische Meilensteine wie Contact, Devil Dance oder Love Is A Kind Of Mystery nahmen die tanzenden Fans auf eine geile Zeitreise zur ersten Hochphase der EBM mit.
Vor der Bühne war es nun gut gefüllt und ohne Zugaben wollte man The Invincible Spirit nicht gehen lassen: Mehrere Nummern folgten, besonders Make A Device, viel gefordert, schüttelte alle richtig durch. Starker Auftritt.
Volvo 242
Der gefühlte Headliner des ersten Tages sollte folgen: Volvo 242. Gewohnt arbeitsteilig trugen Pontus und Drummer Stefan (beide Spetsnaz) Front 242 und Nitzer Ebb Coverversionen vor.
Verstärkt durch einen zusätzlichen Drummer brauchten die Schweden 1-2 Nummern, um sich zu synchronisieren, dann starteten die temperamentvollen Musiker durch.
Es sind die Tracks ihrer Helden, für viele Gäste im Publikum unvergessene Evergreens, dementsprechend offensiv die Reaktionen.
Die Atmosphäre erreichte dabei ihren vorläufigen Höhepunkt: Ob No Shuffle – erneut mit langem “Always Ahead!” Ausklang -, Headhunter, Tragedy For You, Join In The Chant oder Blood Money – es war EBM Klassiker Zeit.
Stompen, Feiern, Rempeln – die Dreieinigkeit der Electronic Body Music mit einem Schuss Nostalgie. Das saß.
Psyche
Psyche fungierten formal als Hauptact des Freitags. Sie setzten dabei musikalisch durch ihre wavigen und poppigen Elemente natürlich andere Schwerpunkte als die gradlinigen Bands vor ihnen.
Die Songauswahl überzeugte durchaus: Das düstere Brain Collapse eröffnete die Show, Perlen wie Misery oder der Klassiker Unveiling The Secret folgten.
An dem Auftritt scheiden sich dennoch etwas die Geister. Für anwesende Psyche Fans sicher das Erlebnis, zeigte sich der Gesang teilweise doch recht schräg, einige Töne traf der gewohnt eigen tänzelnde Darrin Huss eher nicht.
Sei´s drum, das macht für hartgesottene Fans bestimmt den Livereiz aus und die Psyche Fraktion hatte ihr Vergnügen. Des einen Kult, des anderen Leid.
FT 8 Bilder: The Invincible Spirit – Psyche – Volvo 242
Familientreffen 8 – der Samstag
Was für ein Start! The Juggernauts können für sich in Anspruch nehmen, der wohl beste Opener von allen Familientreffen bis jetzt gewesen zu sein.
Ihren bissigen Ansatz aus The Klinik, Portion Control und Front 242 erweitern sie mit auffordernden Rhythmen, technischer Perfektion und passender ‘frontiger’ Optik.
Kein Zweifel, die Jungs kamen extrem gut an. Mehr als eine Entdeckung für viele Gäste und dermaßen gut inszeniert, dass man frech herumorakeln kann: The Juggernauts sind eine der kommenden EBM Bands schlechthin.
Blutjung die Österreicher Muscles On The Move, die ihren Auftritt beim Newcomer Wettbewerb von Electric Tremor gewonnen hatten.
Sie legten auf dem Familienreffen ihren ersten Gig überhaupt hin. Und der funktionierte durchaus, einige frenetische Anhänger hat die Band bereits im Schlepptau. Jetzt heißt es: Am Ball bleiben und nachlegen!
Amnistia vs. Neukampf ergänzten anschließend den bisher dominierenden EBM Sound mit einigen electrolastigen Impulsen.
Auch bei ihnen versammelte sich Tanzwütige und Neugierige. Das gehörte zum guten Ton an diesem Wochenende, jede Band brachte ihre Leute nach vorne, keine Formation floppte.
Mit den belgischen Darkmen gewann anschließend der reduzierte EBM Powersound die Oberhand. Ein bärenstarker Auftritt mit hoher Schlagzahl.
Er rief in Erinnerung, wie ursprünglich und konsequent das aktuelle Darkmen Werk Living On Borrowed Time ist.
Für Verfechter eines puren, aggressiven EBM Sounds ein wahrer Genuss und eine Band, die bis dato wohl unterschätzt wurde!
Den düsteren Männern machte ihr Auftritt sichtbar Spaß, der Betrieb vor der Bühne tat sein übriges. Hier wurde die Gangart erstmals physischer. Die Familie ist halt kein Streichelzoo.
FT 8 Bilder: Amnistia – Darkmen – The Juggernauts – Muscles On The Move
Spark!
Spark! enterten kurz danach die Stage. Echte Familientreffen Veteranen. Ihre Mixtur aus sehr melodischen Songs (Hela Din Värld, Tankens Mirakel) und älteren EBM Tracks wurde begeistert aufgenommen.
Spark! sind beliebt, dementsprechend voll der Raum vor der Konzertstage.
Die Schweden entdeckten den Löwen in sich (Ett Lejon I Dig), man merkte ihnen den Spaß am Auftritt für und mit ihren Fans in jeder Sekunde an.
Ausgelassen tanzend und freundlich rempelnd verabschiedeten ihre Anhänger die Schweden beim reichlich eingeforderten Hit Frihet.
Das letzte Spark! Album landete 2011 in Schweden tatsächlich in den dortigen Charts. Um so positiver, dass das sympathische Duo seine Wurzeln nicht vergisst.
Gaytron
Nicht ganz leicht, danach zu spielen: Plastic Noise Experience Nebenprojekt Gaytron brauchte ein paar Nummern, um Fahrt aufzunehmen. Dann aber wurde der von passenden Videoanimationen unterstützte Auftritt immer besser.
Ihre zischenden, scharfen Sounds mit dem kühlen Flair zogen die Elektronik-Fans in den Bann. Beeindruckend die Paracont Coverversion D-Ranged.
PNE Material spielten Gaytron ebenfalls, bevor ihr The Klinik Cover Moving Hands einen absoluten Höhepunkt des Festivals setzte und die tanzende Meute ihr bestes gab.
Rummelsnuff
Übersehen kann man Kraftpaket Rumelsnuff eh nicht. Der Kapitän gehört einfach zum Familientreffen dazu, ein skurrile Figur, stets musikalische Grenzen sprengend.
Schunkeln, Grinsen, Mitwippen und an Hans Albers denken. Elektronische Strommusik der besonderen Art, die in letzter Zeit selbst in Mainstream-Medien thematisiert wurde.
Künstlerisch hochwertig die mit Christian Asbach zweistimmig vorgetragene Coverversion von Azzurro. Hier saß jeder Ton. Der Chanson Nathalie folgte, überraschte Gesichter im Umkreis.
Mit mehreren Zugaben beendete Rummelsnuff seinen ausgelassenen Auftritt, ein kräftiger Farbklecks des Familientreffens, der viele Klischees ad absurdum führte.
Pouppée Fabrikk
Jetzt wurde es Zeit – Zeit für Electronic Body Music Helden: Pouppée Fabrikk. Und die legten einen der besten Auftritte ihrer Bandgeschichte hin. Oder wie es der Eine Tasse Jäger Blog so treffend schreibt: Dann brach die Hölle los.
Pouppée Fabrikk definieren Electronic Body Music der harten Spielart. Der Opener Retrospect machte gleich deutlich, dass die hünenhaften Schweden nicht zum Spielen da waren.
So wurden im frenetischen Publikum reichlich Andenken in Form bunt-schillernder Hämatome verteilt. Das gehört einfach dazu, so man sich denn vorne rumtreibt. Helfende Hände, wenn die Standfestigkeit nicht mehr ausreicht, natürlich auch.
Pur elektronisch, rau und roh schossen Pouppée Fabrikk ihre Electronic Body Music Klassiker in die Menge.
Von der Vergangenheit zur Gegenwart, nichts fehlte dabei: Betrayal, Circumcision, Portent, Die Jugend, Summon The Spirits, Watch Your Sex, Elite Electronics oder der neue Kracher Symptom brachten alles vor, neben und mitunter auf der Bühne zum explodieren.
Schleppende Tracks wie T.O.T.D.N., Death oder Love You Dead fügten sich nahtlos ein, endlich kurz Luft holen.
Letztgenannten Song widmete Pouppée Fabrikk Röhrer Henrik Nordvargr Björkk übrigens gewohnt charmant den weiblichen Gästen.
Überraschend die fanatisch eingeforderten Zugaben: Sowohl vom neuen Henrik Nordvar Björkk Projekt Nexus Kenosis als auch von Leif Holms Formation C.A.P. ratterte eine Nummer in die schweißnasse Masse, welche danach ihre Ikonen mit viel Jubel und sichtlich erschöpft entließ.
FT 8 Bilder: Gaytron – Pouppée Fabrikk – Rummelsnuff – Spark!
Ein tolles Wochenende ging langsam zur Neige. Ob man wiederkommt? Das kann doch nur eine rhetorische Frage sein.
Sehr schöne Zusammenfassung eines grandiosen Wochenendes. Einziger Kritikpunkt: Rummelsnuff hat “Azzurro” defininitv nicht mit dem Gaytron-Frontmann Claus Kruse vorgetragen, sondern mit Christian Ansbach. Sonst hätte sich der Claus aber ganz schon fix rasiert…
Danke für den Hinweis, gleich mal korrigiert. Bei so ner Länge schleicht sich gerne mal ein Fauxpas ein.
Gruß KW
…und Christian heißt, wenn wir schon beim korrigieren sind, Asbach -wie der Weinbrand – nicht Ansbach! Noch korrekter: Der Weinbrand heißt wie er, denn der Bruder seines Urgroßvaters hatte den Betrieb eröffnet. Ahoi!
Ebenfalls danke für den Hinweis! Wenn der Namenswurm drin ist, dann aber auch richtig! Sollte schon stimmen, grad bei einer derartig guten Gesangsleistung.
Gruß
KW
Das war schon richtig gut! – Ich war am Samstag da.
– The Juggernauts, wie gesagt Top!
– Darkmen: solider EBM.
– Gaytron: Da überraschten mich die Cover- versionen.
– SPARK: Sowieso gut, speziell “Freiheit”.
– Pouppee Fabrikk: Hammer!
Super Bericht von Tom, klasse Bilder von Chris !
Nächstes Jahr: Stomping again !!!
Gruß Mario