Kein Synthesizer sollte nutzlos herumstehen – nicht einmal eine Minute lang. Michael Schrader nutzt die Pausen zwischen der Produktion von EBM alter Schule für ein neues Projekt namens MICHAEL MATTERS. Ein breiter Ansatz, der Vorschriften negiert und mal checkt, was mit dem bewährten Tension-Control-Equipment so möglich ist.
MICHAEL MATTERS
MICHAEL MATTERS entstand im Jahre 2020 als ein weiteres elektronisches Musikprojekt von Michael Schrader. Der Hamburger Interpret ist Macher des Body-Music-Acts Tension Control. Eine kompromisslose EBM-Formation der alten Schule, welche – anfangs noch skeptisch beäugt – in den letzten Jahren Schritt Schritt, Track für Track ihren erfolgreichen Weg in die Szene schaffte.
Sei es als mehrmaliger Support für die Kombitour von Die Krupps und Front Line Assembly, sei es als Verantwortlicher für zackige, spitzfindige Tracks wie Digitaler Bürgerkrieg und Reaktanz.
Gesangliche und inhaltliche Limitierungen überwinden
Die Idee für MICHAEL MATTERS ist, alle gesanglichen und inhaltlichen Beschränkungen hinter sich zu lassen. Die Beats zu den Synthesizern verhalten sich eher club- und tanzorientiert.
Aus diesem Grund kommen weniger analoge Drum-Sounds als beim Hauptprojekt Tension Control zum Einsatz. Vielmehr drängt ein dunkler, tanzbarer Elektro-Sound in den Vordergrund, der sich – und das ist sehr vorteilhaft – nicht an kurzlebigen Trends oder gar hippen Ideen orientiert.
Der elektronische Ansatz öffnet Türen für zahlreiche Einflüsse: Elektronische Body-Music-Stilmittel sind ebenso präsent wie Anleihen an die Electronica der 1990er Jahre. Jene Zeit, in welcher der 1978 in Bernburg (Sachsen-Anhalt) geborene Musiker seine musikalische Sozialisation erlebte.
Debüt MICHAEL MATTERS
Das Debütalbum, benannt wie das Projekt selbst, enthält Texte von Rainer Maria Rilke sowie mehrsprachige Gedankenfetzen von Michael. Die Inhalte des ersten Werks speisen sich sowohl aus guten wie aus dunklen Stimmungen. Philosophische bis wissenschaftliche Fragestellungen treten hinzu.
MICHAEL MATTERS serviert seinen Mix mittels Synthie-Sequenzen und auffällig kickenden Dance-Beats. Auf dem Debüt kommen somit EBM-Fans, New-Beat-Freaks (Anspieltipp: Tension Control) und Fans zackiger (Last Call) und düsterer Electro-Klänge (We Are On The Way) auf ihre Kosten.
Es offenbart sich ein bisweilen sehr hypnotisches Projekt, das seinen Sinn darin findet, Ideen zu verwirklichen, welche den Rahmen von Tension Control sprengen würden, aber zu gut sind, um ungehört zu bleiben (No Empathy, Das Leben).
Die Singles On Your Knees & Life Will End
Die nach dem Debüt folgende, durchaus explizite Midtempo-Single On Your Knees lotete nun jene Clubräume aus, die Tension Control seltener auf- oder gar heimsucht. Knalliger Electro mit Fetisch, der durchaus zwischen den Szenen anzusiedeln ist und sehr frisch und fleischig auftritt. Alles hat seinen Platz, seinen Ort und Klang.
Das bisherige Highlight des sehr jungen Projektes markiert die aktuelle Single Life Will End: Extrem stimmungsvoll in Hinblick auf die Soundauswahl designt, dominiert die wohlig-finstere Stimmung im instrumentalen, mit Samples gespickten Track.
Für den strengen Konterpart sorgt bei der 2022er-Single ein perfekter Basslauf, den 242-Fans sicher mit Wohlgefallen als von Operating Tracks inspiriert wahrnehmen. Zweifelsohne ein reifer Output mit ganz hervorragender Produktion.
Life Will End tut darüber kund, welche Perspektiven ein stiloffenes, aber sich nicht beliebiges Nebenprojekt aus Künstlersicht in den 20er Jahren schaffen kann. Antesten lohnt sich, go for it!
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