Review: Aesthetische – ‘Powerswitch’

aesthetischepowerswitch

aesthetische-powerswitchDas Aesthetische Debüt Powerswitch wagt den Spagat zwischen klassischer EBM Aggressivität und ausgetüftelten Songstrukturen. Die Aghast View Mitglieder Fabricio Viscardi und Guilherme Pires spielen dabei ihre jahrelange Erfahrung als Musiker aus. Treibende Klänge für Body und Mind.

Aesthetische – Powerswitch

Fabricio Viscardi und Guilherme Pires kehren zurück. Beide Musiker waren lange Jahre mit Aghast View aktiv. Begann man damals ursprünglich druckvoll und mit treibender EBM Dynamik, so diversifizierte sich der Sound Mitte bis Ende der 90er Jahre zunehmend.

Aesthetische ist somit eine Art Neuanfang und der Gang ‘back to the roots’. Eine Neukalibrierung energischer Musik, die durch die jahrelange Erfahrung der Musiker natürlich auf technisch hohem Niveau umgesetzt wird.

In zwölf Nummern halten Aesthetische das elektronische Gleichgewicht zwischen gesunder Aggressivität und sorgfältig gestalteten Songstrukturen. “Electronic music with a bit of anger”, so charakterisieren sich die beiden Musiker selber.

Die Brasilianer konstruieren anspruchsvolle Body Music, die auf Kopf und Glieder gleichermaßen wirkt. Die Nähe zu Front Line Assembly suchen Aesthetische aktiv, ein Plagiat sind sie sicher nicht.

Auffällig die steten Variationen in den Nummern. In dem Fluss der Songs intregriert die Band ruhige Passagen, Tempowechsel und weitläufige bis melodische Momente, um dann wieder in den kernigen Modus zu wechseln.

Stilistisch optimierte Electronic Body Music mit dem Blick über den Tellerrand

Vergleichsweise nüchtern und knochentrocken legen Aesthetische mit Brennbar los. Ein klassischer Stampfer mit moderaten Voice-Effekten und markigen, bisweilen bohrenden Sequenzen.

Überhaupt verstehen es die Band bei den Vocals extrem zu variieren. Den mit passendem Echolot ausgestatteten Song Less But More begleitet die Stimme eher im Hintergrund, während sie beim späteren Highlight Automation den wütenten Charakter der Nummer trägt.

Beide Nummern sowie das schleppende, roboterartige und lange nachhallende Tripoli erinnern an die starke Front Line Assembly Zeit zwischen 1990-1996, gespickt mit modernen Sounds. Futuristisch, energisch und dabei differenziert.

Aesthetische generieren hier mehr als ein loses Zucken, sie lassen Menschen und Maschinen gleichzeitig synchron tanzen.

Subtile und unerwartete Momente

Geschickt versehen Aesthetische ihr Album Powerswitch mit subtilen Nummern wie Korrupticide, deren Stärke erst nach mehrmaligem Einsatz zum Tragen kommt. Derartige Tracks lockern ein Album auf, bringen Abwechslung herein.

Ein leicht experimentellen Touch weisen Omnipresence und Stupid People Fuck Off auf, deren Wirkung sicher düsterer als der Rest des Albums ist. Die gewählte Verzerrung des Gesangs findet man sonst eher im klassischen Dark Electro Bereich.

Mit Everything Is OK spielen Aesthetische erneut ihre Stärken aus. Ein glasklarer, trockener Sound, der ausgetüftelt wirkt, sich aber nie in überflüssigen Sounds/Spielereien verliert. Weniger ist mehr, das kann auch für variantenreiche Projekte gelten.

Nein, die Nummer geht gradlinig nach vorne. Hinter der perfekten Oberfläche lauert ein kämpferischer Grundtenor.

Aus dem Rahmen fällt hingegen das lässig-fluffige Heaven Waits No Tomorrow, eine moderne Electro-Dance-Nummer, die dennoch im Gesamtkontext funktioniert.

Gitarreneinsatz – das leidige Thema

Das Thema Gitarreneinsatz in der EBM ist ein Leidiges. Allein schon deswegen, weil in den 90er Jahren viele Bands mit fast schon blindem Gitarreneinsatz vieles “wegbretterten”, was ihre Musik so auszeichnete.

Einige Versuche in diese Richtung wagen Aesthetische auch: Gelingt dies bei Touch The Glass (FEAT. Xev / Diffuzion) noch nicht so überzeugend, so gewinnt etwa Punch durch den basslastigen Sound an Härte und Schlagfertigkeit.

Interessanterweise ist Touch The Glass in der Version zum Abschluss von Powerswitch ein atmosphärisch dunkles Outro mit spannender Eigendynamik und einem Schuss Dramatik.

Fazit: ein richtig rundes, anspruchsvolles und doch energisches EBM Album mit klaren Highlights und geeigneten, interessanten Variationen.

Aesthetische, wohl einer der Newcomer 2012, welcher aber aufgrund der Geschichte der Musiker eigentlich keiner ist.

Wertung: 8.5 von 10 Punkten (8.5/10)

Powerswitch Release Infos

Interpret: Aesthetische
Label: Alfa Matrix (Soulfood)
Release:07.09.2012
Stil: EBM

Tracklisting:
1. BRENNBAR!
2. LESS BUT MORE
3. STUPID PEOPLE FUCK OFF
4. KORRUPTICIDE
5. TRIPOLI
6. TOUCH THE GLASS (FEAT. XEV / DIFFUZION)
7. HEAVEN WAITS NO TOMORROW
8. PUNCH!
9. EVERYTHING IS OK
10. OMNI PRESENCE
11. BURST IN CROSSFIRE (2012 ATTSCHRLD)
12. AUTOMATION (2012 ATTSCHRLD)
13. TOUCH THE GLASS (ORIGINAL MIX)

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*