Review: Serpents – ‘State Of War’

Serpents - State Of War DoppelalbumZu den großen Berühmtheiten der EBM und Dark Electro Szene der 90er Jahre zählten die Serpents nicht – und doch waren sie immer von einem eingefleischten Fankern umgeben, der ihren nicht auf schnelles Hörvergnügen geeichten Sound schätzte und teilweise sogar zum Kult erhob. Mit State Of War liegt eine umfangreiche neue Doppel-CD vor, die durchaus gegen die aktuellen Hörgewohnheiten antritt, dies aber qualitativ gut und durchdacht umsetzt.

Serpents – State Of War Doppel-CD

Zunächst ist auf die spezielle Releasepolitik des Labels Electro Aggression Records hinzuweisen: Labelboss Nader Moumneh arbeitet oft jahrelang und akribisch an seinen Veröffentlichungen – ein Musikfan mit Hang zum Perfektionismus.

Nicht zum Nachteil der Hörer, denn er nutzt das Medium CD richtig aus: 2 Silberlinge, beide randvoll mit Musik.

State Of War ermöglicht ein langes Hörerlebnis, gepaart mit dem Anspruch, etwas Besonderes zu bieten und die Band umfassend in Szene zu setzen.

So findet sich auf CD 2 nochmals das komplette letzte Album Immer Voran (2010), ausgestattet mit verbesserter Aufnahmequalität und Neueinspielungen, sodass von der aktuellen Phase der Musiker auf diesem Release alles gebündelt vorliegt.

Eigenanspruch vor Anpassung und schneller Gefälligkeit

Angespornt von dem sehr gelungenen Auftritt auf dem Familientreffen XI geht´s an die neuen Songs der State Of War CD.

Kazim Sarikaya und Claus Kruse inszenieren einen zischenden und zackigen Electrosound der alten Schule, der eine gewisse Reduktion (Kruses Hauptprojekt PNE natürlich nicht unähnlich) mit differenzierten Arrangements vereint.

Es pumpt & brodelt, messerscharfe Klänge dominieren, Flächen stellen im fokussierten Soundmix eine Rarität dar, sie würden den bissigen Ansatz, der allerdings nicht auf hart getrimmt ist, nur aufweichen.

Interessanterweise erwartet man nach dem Auftakt einiger Songs oft einen explizit-griffigen oder sehr melodischen Gesang, doch die Serpents setzen statt dessen auf effektbeladene Vocals mit klassischem Dark Electro Touch der 90er.

Daran muss man sich gewöhnen und diese Haltung fordert das Album durchweg ein. An den gängigen Hörgewohnheiten wackeln und Sperriges in eine passende Klangdynamik packen, dieses Leitmotiv tritt im Verlauf von State Of War immer deutlicher hervor.

Bis auf ein paar Ausnahmen, in denen der Gesang etwas arg “fauchig” daherkommt, variieren die Effekte gekonnt und passen sich jeweils dem Grundcharakter des Tracks an.

Keine Musik für jedermann

Wer auf einfache, angenehme oder griffige Melodien setzt, wird nicht bedient. Man muss eintauchen, sich ins faszinierende Dickicht führen lassen, um die neuen Serpents-Nummern richtig erleben zu können.

Und das ist die traditionelle Dark Electro Schule, adaptiert in einem modern-adäquaten und gut produzieren Soundgewand.

Dabei kommt der “Schub” durchaus nicht zu kurz: Violence, Your Master oder das Titelstück State Of War schütteln mit ihren druckvoll-pockernden Bässen gekonnt durch.

Die Serpents verzichten bei den härteren Ausbrüchen des Doppelalbums auf parolenartige Textzeilen, sondern erhöhen bewusst den Druck der düsteren Vocals.

Nummern wie das etwas Klinik-artige My Heart Will Beat Again oder das monoton-faszinierende You Hide bilden den schleichenden Gegenpol, sie entwickeln sich langsam und wirken eher hypnotisch.

Ohne Geduld sind diese Nummer nicht zu greifen, doch die Geduld zahlt sich durch die fast unmerklich aufkommende Faszination aus.

Unerwartete Breaks und einige experimentelle Fragmente lassen aufhorchen, sie verhindern ein zu starkes Verharren im klar umrissenen Konzept.

State Of War, das ist keine Musik für jedermann, vermutlich auch nicht für jede Stimmung, aber ein Werk für intensive Momente mit entrücktem und auch bedrückenden Charakter.

Remixe als inhaltliche Ergänzung

Bei den Remixen befreundeter Musiker ist hörbar, dass diese einerseits mit frischen Ideen aufwarten, im gleichen Zuge aber die grundsätzliche Richtung des Album respektieren.

Dadurch klingen sie passend, bieten einen akustischen Mehrwert und nicht wie bloßes Füllmaterial. Die Qualität harmoniert in weiten Zügen mit der immensen Quantität.

Fazit: Sehr nahe am Dark Electro Sound der frühen 90er und doch eigen genug, um Profil zu zeigen: Die Serpents sind in ihrer reduzierten und doch so differenzierten Art sicher eigen. Sie agieren beizeiten sperrig und Geduld einfordernd, Gefälligkeitsmusiker klingen anders. Es ist die drückende Stimmung, das mitschwingende Unbehagen inmitten der Electroklänge, welches mental greift. Kein Hitalbum, sondern ein stimmig eingespieltes Gesamtwerk mit sehr düsterem Unterton, das selektive Ausflüge auf die Tanzfläche geschickt integriert.

Wertung: 7.5 von 10 Punkten (7.5/10)

State Of War Release Infos

Interpret: Serpents
Label: Electro Agressions Records
Release: Juli 2015
Stil: Dark Electro

Tracklisting:
CD1: State Of War

  1. My Life, My Being 4:06
  2. Resistance 4:53
  3. State of War 5:10
  4. I’m Near 3:22
  5. Violence 4:17
  6. Inside 4:32
  7. My Heart Will Beat Again 4:56
  8. Undefined, Unknown Desire 3:19
  9. Your Master 3:49
  10. You Hide 4:42
  11. Resistance (PLASTIC NOISE EXPERIENCE Remix) 5:15
  12. State of War (kFactor Remix) 4:30
  13. Violence (CYBER Remix) 4:45
  14. My Heart Will Beat Again (THE PSYCHIC FORCE Remix)4:48
  15. Your Master (AD:keY Remix) 4:23
  16. Resistance (PYRROLINE Remix) 5:11
  17. My Life, My Being (ASTMA Remix) 4:36

CD2: Immer Voran!

  1. Steh auf 4:26
  2. Komm noch naeher (v2015) 4:30
  3. Immer voran! (v2015) 4:30
  4. Folge mir 2:59
  5. Erwache 3:36
  6. Glaub an mich 4:23
  7. Zeig dich 3:01
  8. Wer bist du? (v2015) 4:36
  9. Waehle 3:50
  10. Erinnere dich 2:30
  11. Das zweite Leben (v2015) 4:32
  12. Wings of Darkness (original mix) 4:41
  13. Erwache (PLASTIC NOISE EXPERIENCE extended remix) 6:28
  14. Das zweite Leben 4:00
  15. Killer Agency (PLASTIC NOISE EXPERIENCE version) 4:32
  16. Kill What Kills You (PLASTIC NOISE EXPERIENCE version) 4:11
  17. Protection (PLASTIC NOISE EXPERIENCE version) 5:19
  18. Second Life (PLASTIC NOISE EXPERIENCE version) 4:15


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