Konzertbericht: der zehnte EBM Stomp in Kassel

Start des 10 EBM Stomps in Kassel

Start des 10 EBM Stomps in KasselFull House und volle Kraft voraus – so in etwa lässt sich das EBM Stomp Jubiläum im Kasseler Panoptikum am 08.10.2016 unter dem Slogan Move Your Perfect Bodies auf den Punkt bringen. Ein ausgelassener und extrem kraftvoller Abend, der im famosen Spetsnaz Auftritt mündete. Bilder und Einschätzungen zu einem der wenigen puren EBM Events der Region.

Jubiläum – 10 EBM Stomps in den letzten 5 Jahren

“Wow, ist das voll hier!” Dieser erste Eindruck war doppelt richtig, denn das Kasseler Panoptikum war nicht nur vom Start weg sehr gut gefüllt, auch der Alkohol floss in Strömen. Bekannte Szenegesichter und auffällig viele neue Gäste sorgten für das passende Ambiente.

Es folgte ein teils überraschender, extrem gelungener und abwechslungsreicher Abend, der den physischen Aspekt der EBM mal wieder richtig ins Zentrum rückte. Ruppig feiern ohne Stress, blaue Flecken ohne Ärger – einfach gemeinsam seine Mukke ausleben, diese Mission wurde komplett erfüllt. Dazu kamen wie immer faire Preise und einfach nette Leute an der Theke. Auch das ist Teil des Settings.

Was performten die Bands an dem denkwürdigen Abend auf der Bühne und was zimmerten sie durch die Boxen? Der subjektive Rückblick.

Der Dank zur Verwendung der Bilder geht übrigens an den E-Blog. Die mit viel Leidenschaft geführte Website hat natürlich eine Facebookseite, also schaut doch mal vorbei und lasst bei Gefallen ein Like da.

Die Bands der zehnten Stomp Auflage

Coloured Heads

Los ging´s mit der Livepremiere von Clemens und seine Mannen aka Coloured Heads. Bestimmt mit Nervenflattern, denn der Raum war bereits jetzt gut mit Gästen gefüllt. Auffällig bereits vor dem Start das aufwändige Bühnenbild mit Stehpult und diversen Aufbauten, das homogene Outfit und der lobenswerte Fakt, dass ein Bandmitglied mit Handicap seinen Part beitrug. Inklusion ohne große Worte, so geht das.

Für den Inhalt sorgte dann in einer fast “rednerartigen” Manier Clemens, seine Stimme war gegenüber dem eigens kreierten “Grunge-Electro” zunächst zwar etwas zu leise abgemischt, das wurde aber flugs korrigiert.

Eine ungewohnte und spannende Mixtur, welche Klangdynamik (hervorzuheben die echt griffigen Bassläufe!) und den Aspekt der Rede mit wuchtigen Gitarrensamples eint. Die Band kann mit ihrem Debüt durchaus zufrieden sein und dieser Ansatz geht bestimmt weiter. Auftakt ungewöhnlich, aber gelungen.

Zynik 14

Es gibt sie, die ganz jungen Bands mit EBM-Bezug. Zynik 14 aus Belgien sind so eine Formation, die – Frontal in einigen Momenten mitunter gar nicht so unähnlich – einen straighten und tanzbaren Auftritt hinlegte, der ganz im Zeichen des selbst gewählten Mottos Motzen und Liebe stand.

Das können sie ebenso gut, wie auf Basis klarer Strukturen den Zeitgeist zu attackieren. Dumm macht populär, da hatte der Hipster-Weihnachtsmann schon recht. Ein Projekt, bei welchem man durchaus auf die Feinheiten im Text achten sollte, der Bandname ist kein Zufall.

Und ganz ehrlich: Viele Besucher des Festivals, die den jungen und gar nicht so EBM-typisch wirkenden Sänger zunächst sahen, waren anfangs skeptisch. Bis er dann losröhrte und mit Biss, passender Mimik sowie kraftvoller Stimme den Saal in Bewegung brachte. Jungs, hättet Ihr CDs dabei gehabt, sie wären flugs über den Ladentisch gegangen.

Pantser Fabriek

Mit einem fetten “Yeaaahhh” legte Willem Witte nach kurzer Pause und anschließendem Intro los. Und die Wirkung kam postwendend: Der Saal bebte angesichts der Tracks, von denen kaum einer gefühlt unter 160 BPM lag, mal so richtig. Vorne wurden mit Vergnügen erste, blau schimmernde Andenken verteilt – einfache Klänge aus Holland mit großer physischer Resonanz.

Das Projekt liebt und lebt EBM einfach, das merkt man einerseits an den selbstreferentiellen Themen (EBM Girl, Hosenträger als Obsession,) und natürlich am leidenschaftlichen Auftreten. Alles untermalt von passenden subkulturellen Clips.

Mit den Fans feiern ist das Motto: Und so gab der umtriebige Sänger beim DAF-Cover Verschwende Deine Jugend das Mikro einfach mal an Beathead ab. EBM ist mitunter Familie, das merkt man in solchen Momenten extrem. Genau dieses Phänomen ist auch ein Grund, warum dieser Stil schon so lange existiert.

Ein leicht alkoholischer Powerauftritt mit Sympathiefaktor, Kompliment!

Escalator

Kurz vorweg der Hinweis, dass die ungarischen Escalator zu jenen Bands zählen, die seit Ende der achtziger Jahre (!) außerhalb ihrer Heimat einfach unterschätzt werden. Auch sie brachten schon aufgrund ihrer kickenden und bisweilen an damaligen New Beat gemahnenden Rhythmen ihre Anhänger richtig in Bewegung.

Leider war der Sound nicht immer ideal, sodass viele differenzierte Songstrukturen, die mitunter an FLA oder Clock DVA erinnern und diese Band einfach auszeichnen, zu sehr in den Hintergrund rückten. Das war schade.

Rein optisch punktete man mit einem wunderbaren old school EBM Look und bot viele Tracks von den starken letzten beiden Alben (aktuelles Review hier), wobei z.B. Rew Stop Play einfach immer noch das Zeug zum Szenehit hat. Wer es noch nicht kennt, hört in die Werke doch mal rein!

Trotz der beschriebenen Einschränkung war es einfach nötig, diese Band endlich live zu Gesicht zu bekommen, denn Escalator Auftritte sind in der hiesigen Region mehr als rar gesät.

Spetsnaz

Zeit für den verdienten Headliner: Es folgte eine der wichtigsten und besten EBM-Bands der letzten 15 Jahre: Spetsnaz brannten ihr Feuerwerk ab – und das bei einem wirklich exzellent abgemischten Sound. Ob perfekter Körper oder nicht, es wurde gerangelt, gerungen und der ein oder andere Freiflug war auch dabei – ein klatschnasser EBM-Squad im Einsatz und ein ganzer Saal in Bewegung. Hart aber herzlich, das merkte im Verlauf des Auftritts die irgendwann echt malträtierte Bühne.

Musikalisch boten die beiden Schweden eine top Mixtur aus ihren Stompern (Reign Of Wolves, Freefall, dem Oberhit Apathy, On The Edge oder Perfect Body) und Nummern, welche eben die bärenstarken gesanglichen Qualitäten von Sänger Pontus einfordern. Allegiance, Faustpakt oder der Opener Nothing But Black sind schlichtweg überragende Songs mit gesanglichem Anspruch.

Der Mann kann nicht nur toben, schreien und wüten, er kann extrem gut betonen, das macht die besondere Qualität aus. Und je älter er wird – stets umgeben vom unermüdlich taktgebenden und angesichts der tollen Resonanz zufrieden dreinschauenden Stefan Nilsson – , desto pointierter und famoser seine bisweilen ent- und verrückte Mimik und Gestik.

Ein großartiger Abschluss von Spetsnaz, die man ohne Zugaben natürlich nicht gehen ließ.

Videolink:
Natürlich fängt die verlinkte Aufnahme von Gleichstrom.tv die Tonqualität nicht komplett ein, ein gutes Stimmungsbild des Spetsnaz Auftritts vermittelt sie dennoch.

Aftershow

Nach den Auftritten startete sofort die musikalisch passende Aftershow. Hier einfach mal das positive Feedback, dass neben den Klassikern neue Tracks wie Killing Grounds (FLA) auch ihren wohlverdienten Platz fanden. Dieser Abend wird vermutlich länger nachhallen, EBM ist Musik von früher UND heute. Punkt.

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