Review: Pyrroline – ‘In The Dawn Of Freedom’

Nach einer Vorlaufzeit von vier Jahren kehren Pyrroline mit In The Dawn Of Freedom zurück. Es ist vor allem die stimmige Vielschichtigkeit, welche das Soundbild prägt und dazu einlädt, sich mitnehmen zu lassen. Im Laufe des Albums überschreitet der Hörer die Grenzlinie zwischen vertraut und fremd immer wieder.

Pyrroline – In The Dawn Of Freedom

Pyrroline sind elementarer Teil der neuen Dark Electro Bewegung, welche in den letzten Jahren mit Acts wie Object, kFactor, Dead When I Found Her u.a. ihren Niederschlag gefunden hat. Und zwar nicht nur in Brasilien oder Amerika – auch wieder in Deutschland.

In den vergangenen vier Jahren werkelte die Band nun daran, ihren Ansatz um noch mehr Tiefe und passende Komplexität zu erweitern.

Komplexität und Vielschichtigkeit

Und das gelingt ihnen durchweg: In The Dawn Of Freedom ist geprägt von allem, was anspruchsvollen Dark Electro definiert. Komplexe Strukturen, immersive Synthlinien, eine dichte Atmosphäre sowie passend distortete Vocals, die dem Ganzen einen dunklen und unheimlichen Touch geben, agieren im stimmigen Zusammenspiel.

Und genau das vermittelt schon der Opener One People. Eine durchaus wuchtige Nummer, die aus besten Dark Electro Zeiten Anfang/Mitte der 90er Jahre stammen könnte.

Schnell ruft die subtile Musik beim Hören Bilder hervor – und sie lässt dennoch Raum für eigene Interpretationen. Anregend und kreativ, verstörend und wohlig-schön akzentuieren Arnte und Schmoun a.k.a. Pyrroline ihr neustes Werk.

Manche Nummern benötigen dabei ihre Zeit, (vor-)schnelles Gefallen oder Hitlastigkeit wird nicht angestrebt, vielmehr wird der Hörer gefordert, sich auf Anspruchsvolles einzulassen.

Dabei fällt das versierte Sampling ebenso auf wie Passagen, die sehr rhythmisch fokussiert daherkommen (Maria). Diese punktuelle maschinelle Härte verleiht In The Dawn Of Freedom Kontur, Eigenwilligkeit und einen bisweilen eisernen Griff.

Inhalt und Titel

In The Dawn of Freedom wurde als inhaltlich ernstes Werk konzipiert, es thematisiert den kroatischen Unabhängigkeitskampf im Rahmen des Balkankrieges, auch bekannt als “Homeland War“ (Domovinski rat) Anfang bis Mitte der 90er Jahre.

Menschen, die seit Jahrzehnten friedlich zusammen lebten, bekämpften sich aufgrund verschiedener Ideologien, viele verloren dabei Angehörige und Freunde. Zu bedeutsam, um in Vergessenheit zu geraten. Die vorliegenden Presseinformationen fassen das Thema und seine Intention zusammen.

But this album from PYRROLINE does not focus on hate or revenge; it’s more about the brave men who defended the country and who were willing to give their lives for Croatia. It’s about love, possible even in the depth of hell, and it’s about the hope that enabled the Croatians to fight until achieving their own independence. The Croatian people never gave up until their victory in 1995. Most of the people who live outside the affected regions have forgotten the war and its aftermath after less than just 30 years. It’s important not to forget what happened and to remember the most important lesson: that we are one world, with one people. It’s not only about remembrance; it’s also important to ensure that we do not repeat history again. Today there are more than 18 full-scale wars operating around the world, with additionally 20 smaller, territorial wars. It’s more imperative than ever to appeal to our political leaders to act purposefully for better conflict resolution. We can stop our resentments if we start solving our problems with tolerance and empathy, no matter if we can forgive or forget. We can try it right here and right now. It’s up to every single one of us. 

Inhalte und Einstellungen spielen auch beim Vertrieb eine Rolle: So verzichten Pyrroline darauf, das Album bei den bekannten großen Händlern anzubieten.

Highlights

Obgleich das 2017er Pyrroline Album musikalisch im Gesamten überzeugt und ein homogenes Bild vermittelt, stechen einige Nummern hervor: So ruft Divine Revelation ein dunkles Science Fiction Feeling hervor. Man wird unweigerlich an prägende Momente von Pionieren wie Benestrophe oder Mentallo & The Fixer erinnert.

Beste und fast entspannte Soundtrackmusik liefert das zeitlose A Story For You, ein Titel, den man durchaus eine gewisse Klangeleganz attestieren kann. Dem steht das intensive und gleichermaßen klaustrophobische Your Apathay gegenüber.

Persönlicher Favorit ist Feloow Passenger. Ganz ehrlich, das hätten Haujobb vom Sound her nicht besser machen können. Und in diesem lebendigen Klanggebilde nehmen die dunklen und effektbesetzten Vocals die Aufmerksamkeit schnell gefangen.

Es klingt vertraut, fremd und aufrührend gleichzeitig – eine kleine Perle. “Never forget” fordert der Text – und das passt nicht nur im inhaltlichen Rahmen, sondern auch in der musikalischen Wirkung.

Fazit: In sich stimmig, bisweilen faszinierend und mit angemessener Komplexität schicken Pyrroline auf dem neuen Album ihre Hörer auf eine ebenso düstere wie faszinierend gezeichnete Reise. Die Band liefert eine Antwort darauf, wie lebendiger Dark Electro im Jahre 2017 klingen kann, wenn er seine Wurzeln kennt und gleichzeitig Raum für Wachstum lässt. Einzige Voraussetzung: Es muss ein Draht und Geduld für derartige Klänge vorhanden sein, die abseits des schnellen Clubhits anzusiedeln sind.

Wertung: 8 von 10 Punkten (8/10)

In the Dawn Of Freedom Release Infos

Interpret: Pyrroline
Label: Electro Aggression Records – Album über Bandcamp erhältlich
Release: Juni 2017
Stil: Dark Electro

Tracklisting:

01) One People
02) Maria
03) Fellow Passenger
04) Nothing to Lose
05) Your Apathy
06) Divine Revelation
07) Dismantled Society
08) A Story for You
09) With You ((Feat. Emdezet)
10) Vukovar
11) Succeed
12) End of the Path
13) Nikad Zaboraviti
14) Lights Out
15) Divine Revelation (Remix by One Eye Wanders)
16) One People (Remix by kFactor)

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