Review: Finkseye – ‘Under A Godless Sky’

Finkseye Cover

Finkseye CoverDer Nachfolger zu Deadweight steht bereits seit dem Frühjahr 2018 in den Startlöchern. Finkseye forcieren mit Under A Godless Sky das Unbehagen der Gegenwart vor seiner Zukunft. Und der musikalische Ausdruck dieses Unbehagens ist komplex, er zeigt keine Scheu vor düsterer Kraft, vor Anmut und Melodie im Zeichen des Verfalls.

Finkseye – Under A Godless Sky

Henrik Fink Nilsson verfeinert auf dem zweiten Album seines Projekts Finkseye dessen Sound. Ein logischer Schritt, denn auf dem Debüt ließ der Musiker sich noch einige Hintertüren offen.

Bereits das epische und maschinell-wuchtige Intro The Chaos Machine beschwört die Gefahr. Unter diesem Himmel lauern Kräfte. Und sie wollen Gehör finden, sich austoben. Viele Bässe weisen daher eine starke EBM-Dynamik auf (Shut It Down), doch sie rattern nicht alleine vor sich hin.

Vielmehr konstituieren die pulsierenden Sequenzen das makabere Skelett eines vielschichtigen Klangkörpers. Dieser Körper formt musikalische Stränge zu einer sinistren Gestalt. Wenn so mancher Rezensent den Begriff post-apocalyptic EBM & Industrial verwendet, dann aus eben diesem Grund.

Wer den extrem tanzbaren Knaller Dangerous Lines entfesselt, hört das Korrelat zur Wortschöpfung. Eine klein bisschen erinnert die Nummer an starke Vomito Negro Eruptionen.

Das Postapokalyptische erleben

Oftmals tönt der Hintergrund unheilvoll, nichts Anderes würde man unter einem derartigem Himmel erwarten. Dabei bricht der meist anzählende Gesang nicht aus, er fügt sich stimmig in die Tracks ein. Aber die Vocals setzen in passenden Momenten Spitzen und Akzente, sie transportieren kleine Gefälligkeiten, welche dem “hier unten” Bedeutung geben. Das Album wirkt in solchen Momenten persönlicher.

Je nach Track treten Einflüsse von Bands wie Covenant, Cryo, Front Line Assembly oder Dupont hervor, auch wenn der Zugang mitunter sperriger ausfällt. Dynamik, eine unheilschwangere Stimmung sowie gehaltvolle Sounds, die man sonst wenig vernimmt, prägen das variantenreiche Werk. Wie aus dem Nichts bahnen sich sogar einige Gitarrenriffs ihren Weg – und es passt.

Im neuen Finkseye Werk lauert mitunter ein kleiner Schuss Wahnsinn – etwa im wunderbar entrückten My Insanity And You. Elegant anmutend und doch kurz davor, auszubrechen. Das macht die Spannung der szenischen und temporeduzierten Tracks aus.

Dazu gehören das fast geflüsterte Wired Dreams und die verstörende Nummer Everlovin Mantra. Fast begibt man sich auf die Suche nach Geheimbotschaften, so verschroben kriecht es aus den Boxen heraus.

Faszination Klang

Zum Glück beherbergt die Region unter dem gottlosen Himmel viele quicklebendige Hardware-Synthies: Henrik Fink Nilsson lässt ihnen freien Lauf, endlich dürfen sie jene verbotenen Sounds ausspucken, die lange unerhört in der Verbannung überlebten. Iä! Shub-Niggurath!

Der Klang der fesselnden Instrumentals (Oradour-Sur-Glane, Warmongers) ist konsequent individuell. In ihnen lebt eine Instanz namens Eigendynamik, oftmals weiß der Hörer nicht, wie es weitergeht. Mehr Science Fiction, kein Gott, keine Vorhersehung.

Immer wieder gestaltet sich der Under A Godless Sky Entwurf durchaus rhythmisch und griffig. Stark und selbstbewusst ragen neben dem bereits genannten Dangerous Lines Nummern wie In Sight hervor.

Gefährlich rattern die Maschinen, sie wollen, nein – sie müssen mit ihrem gnadenlosen Druck Gehör finden. Die metallische Drohung lässt aber Platz für wütende und kämpferische Strophen. Sowie für den großartig betonten und recht hämischen Refrain; ein ganz starker Moment.

Umrahmende Soundgalerien

So episch das Album startete, so instrumental intensiv klingt es aus. Stalingrad lässt das Maschinelle gegen die Anmut antreten. Es generiert viele unterschiedliche Stimmungen in kurzer Zeit und beendet das Werk mehr als würdig.

Fazit: EBM mal anders: Stimmungen, die sich mit der Vokabel “haunting” besser englisch als deutsch benennen lassen, lebendige Sounds und viele satte Rhythmen bilden das Fundament. Doch Finkseye sind mehr als das: Das Gesamtbild ist komplexer geworden, es integriert Lautmalerei und Grundzüge melodischer Gefälligkeit. Doch die Härte und die Gefahr lautern immer, sie sind auf dem Sprung. Ein spannendes, oftmals unerwartet klingendes Album, das subkulturelle Tradition mit Eigenleben kreuzt. Keine Sammlung von instant Hits für die Clubs, aber ein Werk mit Charakter.

Wertung: 8.5 von 10 Punkten (8.5/10)

Under A Godless Sky Release Infos

Interpret: Finkseye
Label: Razgrom
Release: Februar 2018
Stil: Dark Electro/ EBM / analoge Klangkunst

Tracklisting:

01. The Chaos Machine
02. Shut It Down
03. Dangerous Lines
04. Wired Dreams
05. Give In To Me (feat. Suzy VP)
06. Dresden
07. Venus Descending
08. My Insanity And You
09. Intolerance
10. Oradour-Sur-Glane
11. Warmongers
12. In-Sight
13. Everloving Mantra
14. Stalingrad

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